Der gestiefelte Kater – ein märchenhaftes Märchen durch die Staatsoper im Schiller Theater

Foto: Thomas Bartilla

Eine Kritik dieser Inszenierung der Oper für Menschen ab 6 Jahren, eine Kritik der  besonderen Art: doppelbödig: von einem 68jährigen (Jürgen Schiller, Journalist) und von einem 11jährigen (Uli Sharpe, Schüler). Beide waren wir in der Vorstellung am 19. Dezember 2010.

Ein Märchen ohne Mord und Totschlag, ohne Grausamkeiten. Ein Märchen, das irgendwo auf der Welt  immer wieder Realität wird. Erbstreitigkeiten unter Geschwistern. Hier erobert sich der Älteste die Mühle, der Mittlere den Esel und der Jüngste bleibt auf der Katze sitzen. Die erweist sich aber als das große Los: vermenschlicht, ist trickreich und einfallsreich, voller Fantasie. So wird aus dem Junior der große Gewinner: er bekommt Ländereien, ein Schloss und die Tochter des Königs. Im Jahre 1913 wird in St. Petersburg die Kinderoper Der gestiefelte Kater des russischen Komponisten César Cui uraufgeführt. Die Werkstatt-Bühne der Staatsoper Berlin hat  diese Oper für Kinder und Jugendliche im November inszeniert und erlebt  permanent ausverkaufte Vorstellungen. Kein Wunder. Die Inszenierung von Isabel Ostermann, in der Ausstattung von Stephan von Wedel und unter der musikalischen Leitung von Vinzenz  Weissenburger ist ein absoluter Volltreffer. Spielerisch leicht und locker werden die Menschen ab 6 in die Märchenwelt  hineinverführt. Im offenen Viereck wird noch vorbereitet, werden Requisiten hin und her geschleppt, Teppiche unter grotesken Verrenkungen  geschleppt, die Hauptdarsteller geschminkt. Arbeitsatmosphäre, die die Scheu vor der Bühne nimmt und die Besucher zum Teil des Ganzen werden lässt. Spiel mit dem Spiel und daraus entwickelt sich eine Selbstverständlichkeit, die alle fasziniert. Mit einfachsten Mitteln werden Traumbilder geschaffen: Lichteffekte und Lichtspielereien, rot, gelb, gespenstisch, grell und feurig.

Foto: Matthias BausWollknäule immer und überall: Katzen und Menschen gleichermaßen  verspielt, Wollknäule in allen Größen, in Weiß, Braun, Rot, Orange.

Foto: Matthias Baus

Ein Riesenball, größer als der große Mensch in seiner Rolle. Latzhosen, Pappkrone und Fähnchen mit Katerelement. Mehr brauchen große und kleine Menschen nicht, um sich einfangen zu lassen, verzaubern zu lassen.

Foto: Matthias Baus

Die Zeit vergeht viel zu schnell, um die große Leistung des gesamten Ensembles zu würdigen: Anna Alàs i Jové als Kater, verspielt und stimmreich überzeugend. Paula Rummel, eine sängerisch bezaubernde Prinzessin mit naivem Schmollmund, Kai Wegner, der ältere Bruder und Menschfresser, ein Bass mit großer Zukunft, die Werkstatt wackelt. Und ein weiteres Wunder: auf den ersten Sitzreihen postiert, der Kinderchor der Staatsoper mit überzeugender Leistung, genauso wie die wenigen Mitglieder der Staatskapelle und der Orchesterakademie. Eine Stunde voller Fantasie und Freude. Begeisterung pur, Standing Ovations.

jürgen schiller

Ich war mit Jürgen in der Staatsoper im Schillertheater. Wir haben uns den gestiefelten Kater angesehen. Als ich in der 4.Klasse war, haben wir auch das Stück aufgeführt. Den Anfang haben wir damals in unserer Inszenierung rückwärts gesprochen. Ein Satz war: „Saw tslliw ud retak?“, sagte ein Soldat. Es war sehr lustig, das Stück aufzuführen. Das Stück in der Oper  war gut. Die Sänger haben schön gesungen. Manchmal allerdings wusste ich nicht, welche Szene gerade dran war. Sonst war es sehr schön. Übrigens: richtig gelesen heißt es:“Was willst du Kater?“

Uli Sharpe

In Erinnerung bleiben auch aus dem liebevoll gestalteten, kleinen Programmheft die Zeilen von Pablo Neruda: Die Katze will nichts als Katze sein : Der Mensch möchte Fisch sein und Vogel; die Schlange möchte gern Flügel haben; der Hund ist ein irregeleiteter Löwe; der Ingenieur möchte Dichter sein; die Fliege studiert Schwalbenflug; der Dichter trachtet, die Fliege nachzuahmen; die Katze aber will nichts als Katze sein.

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