Der Zauber der italienischen Renaissance ist nicht allein in mittelalterlichen Stadt-Schönheiten zu entdecken, sondern auch auf dem Teller und im Weinglas. Die historische Stadt Ferrara, die Stadt der Renaissance im Po-Delta, und die Lagunen-Stadt Comacchio in der Emilia-Romagna können dafür den optischen und geschmacklichen Beweis antreten.
Ferrara – Stadt der Paläste und mittelalterlichen Gassen
Ferrara wurde schon vor 30 Jahren in die UNESCO-Liste der Stätten des Weltkulturerbes aufgenommen. Mit dem Besuch des Castello Estense begibt man sich auf die Reise durch die Geschichte Ferraras.

Diese gewaltige Burg mit vier großen Türmen steht mitten in der Altstadt und dominiert sie. Sie wurde bereits im 14. Jahrhundert von der Adelsfamilie d’Este als Trutzburg errichtet und hat die typische Bauweise einer mittelalterlichen Festung bis heute bewahrt.
In Ferrara erzählt jeder Winkel eine Geschichte. Beeindruckend sind die engen mittelalterlichen Gassen, wie die Via delle Volte mit ihren charakteristischen Gewölben und Durchgängen. Sie wurde zwischen dem 7. und 11. Jahrhundert angelegt und verlief ursprünglich parallel zum Großen Arm des Po.
Zahlreiche Paläste, Herrschaftshäuser und großen Kirchen zeugen von der hohen Kunst der Renaissance-Baumeister. So besticht der Palazzo dei Diamanti mit einer einzigartigen Fassade aus Marmorquadern, die an geschliffene Diamanten erinnern. Hier befindet sich die Nationalgalerie, die Pinacoteca Nazionale di Ferrara, in der Gemälde und Fresken der größten Künstler von Ferrara vom 13. bis zum 18. Jahrhundert ausgestellt werden.
Galadinner der Renaissance
Seit fünf Jahren richtet die Stadt an jedem ersten Wochenende im November das Ferrara Food Festival aus. Wie wichtig die Tourismusverbände im Po-Delta die Renaissance-Geschichte von Ferrara nehmen, zeigt sich beim legendären Galadinner am Vorabend des Food Festivals. Die Gäste werden im Innenhof des Castello Estense von kostümierten Burgdamen und Rittern und mit mittelalterlicher Musik empfangen. Schließlich werden sie in das Obergeschoss des Castellos zum Sala d`Onore geleitet, wo das Galadinner zelebriert wird.

erleuchteter Innenhof des Castellos

Dort werden sie von Chefkoch Carlo Cracco begrüßt. Carlo Cracco ist einer der angesagtesten Sterneköche Italiens und schlüpft hier in Ferrara in die Rolle des Kochmeisters aus dem 16. Jahrhundert Cristoforo di Messisbugo, eine Hommage an die Kochtradition der Renaissance. Messisbugo war Zeremonienmeister und Koch des Hauses Este. Er verfasste im Jahr 1549 ein Kochbuch mit den Menüs für die offiziellen Bankette am Hofe.
Chefkoch Cracco hat für das Galadinner ein Vier-Gänge-Menü kreiert, das auf den historischen Rezepten Messisbugos basiert: Gefülltes Kaninchenrückenfilet mit Orangen und Rosinen, Pasticcio d’onore – Pastete mit einer Zimt-Krokant-Kruste, Hecht in Zimtkruste und zum Abschluss eine Reistorte. Kochkunst im wahrsten Sinne des Wortes.
Handgemachte Pasta-Spezialitäten
In den Gassen der Renaissancestadt ist auch kulinarisch viel Authentisches zu erleben, beispielsweise in dem Pasta-Laden „Assapora“ in der Via Garibaldi. Hier hat sich die 33jährige Federica Dattilo der handgemachten Pasta verschrieben. Ihre Spezialität sind die Cappellaccio di Zucca – Teigtäschchen mit einer Füllung aus Kürbis, gewürzt mit Parmesan, Walnüssen und Muskatnuss.



Die kleinen Teigtaschen waren schon zur Renaissance-Zeit am Estenser Hof beliebt und werden – original mit einer Fleischfüllung – im Kochbuch von Cristoforo di Messisbugo erwähnt. Zwei Tafeln in der Pastastube zeigen, was der Kunde für eine große Auswahl an Pasta-Variationen hat, um das authentische Italien kulinarisch fernab von Globalisierung und industrieller Fertigung zu schmecken.
Natürlich fehlt noch etwas entscheidendes beim Genuss der Pasta – der Vino. Zum diesjährigen Ferrara Food Festival präsentieren sich die Weingüter der Region.

Dazu zählt das Consorzio dei Vini DOC del Bosco Eliceo mit seinen typischen Weinen, die auf dem sandigen Boden der Gegend zwischen Po und Reno gedeihen. Sie werden auch als „Weine des Sandes“ bezeichnet. Zu den Weinbauern beim Ferrara Food Festival gehört Roberto Gennari. Er besitzt den Bauernhof „Il Verginese“ und baut dort lokale Weinreb-Sorten an, wie Malvasia, Trebbiano und Fortana.
Schicke Quartiere am Adria-Strand
Nur knapp 50 Kilometer von der Renaissance-Stadt Ferrara entfernt liegen die Lidi di Comacchio. Das sind insgesamt sieben Badestrände, die zu den beliebtesten an der italienischen Adria-Küste gehören.

Hier im Po-Delta eröffnet sich für die Urlauber eine Vielfalt an Angeboten: Lange Sand-Strände für den Badeurlaub, Rad- und Bootstouren in der Lagunen-Landschaft wie auch Kulturerlebnisse der Extraklasse. Letzteres bietet zum Beispiel das Museum in der Villa des international bekannten italienischen Malers Remo Brindisi, das sowohl Werke von Brindisi als auch Gemälde und Skulpturen seiner umfangreichen Privatsammlung zeigt.
Außerdem findet der Besucher schicke Quartiere wie das Florenz Open Air Resort, ein nahe am Strand liegender Campingplatz mit komfortablen modernen Bungalows. Das Feriendorf Florenz ist ein familiengeführter Betrieb und feierte im Jahr 2025 sein 60-jähriges Bestehen.
Authentisch geht es auch in dem Fischerort Porto Garibaldi zu mit einem noch funktionierenden Fischereihafen. Traditionell werden in den Feuchtgebieten des Po-Deltas Fische und Meeresfrüchte gefangen, wie Aale, Seebarsche, Welse, Doraden oder Garnelen.


Die Lagunen-Orte sind berühmt für die Aalfischerei und -küche. Im Restaurant Il Bettolino Di Foce können die Gäste am Aal-Show-Cooking teilnehmen – und dann natürlich auch Aal-Gerichte aller Art essen.
Die Brücke mit den fünf Treppen
Die Wasserstadt Comacchio, für die Kenner die heimliche Hauptstadt der Po-Delta-Region, lädt zu einem Bummel ein, der durchaus einen Vergleich mit dem Kronjuwel von Italien bestätigen kann: Comacchio wird von vielen zurecht als das Klein-Venedig bezeichnet.

Der frühere etruskische Handelshafen erhielt im 17. Jahrhundert einige der schönsten Brücken und Kirchen in Oberitalien. Inmitten des Geflechts der Kanäle liegt in der Altstadt die berühmteste Sehenswürdigkeit: Die Trepponti-Brücke. Sie ist Brücke, Treppe und Stadttor in einem und liegt am Zusammenfluss von drei Kanälen. Ihr auffälligstes Merkmal sind die fünf imposanten Treppen, die sich von der Plattform in verschiedene Richtungen erstrecken. Hier kann sich der Besucher von der Architektur und dem Charme der Stadt verzaubern lassen.
Die Verzauberung kann sich dann in dem traditionsreichen Fisch-Restaurant Locanda del Delta mühelos fortsetzen. Die Fischplatten in der Wasserstadt sind mit den Früchten des Meeres einladend ausgestattet: Thunfisch, Hecht, Aal, Sardinen, panierte Shrimps und Groß-Garnelen, Jakobs- und Miesmuscheln.


Dazu einen Vino rosso und durch das Fenster des Fischrestaurants geht ein Blick auf die malerischen kleinen aus Ziegelsteinen gemauerten Brücken, die Kanäle und Fischerboote.
Mehr geht nicht – Bella Italia.
Artikelfoto: Das Wahrzeichen von Comacchio: die Trepponti-Brücke
Text/Fotos: Ronald Keusch