Barrie Kosky hat an der Komischen Oper Berlin 10 Jahre lang gearbeitet, hart gearbeitet. Mit einmalig großem Erfolg als Intendant und Opern- und Theaterregisseur. Die Komische Oper erhielt durch ihn wieder ein internationales Standing, die Zuschauer füllten wieder begeistert sein Haus. Noch in seiner letzten Spielzeit 2 021/22 als Intendant und Chefregisseur standen 11 Neuproduktionen, 8 Sinfoniekonzerte und 14 Wiederaufnahmen auf dem Programm der Komischen Oper.
Barrie Kosky’s All-Singing, All-Dancing Yiddish Revue
Und jetzt will Barrie Kosky als Intendant gehen. Verlässt „sein Haus“. Das wird nicht einfach für sein Publikum und sicher auch nicht einfach für ihn. „Im Moment befinde ich mich in einem Wechselbad der Gefühle…“, denn der Abschied naht. Aber seinen Weggang vollzieht der 1967 in Melbourne Gebürtige nicht einfach so. Zusammen mit Adam Benswi (musikalische Leitung), Otto Pichler (Choreographie) und seinem weitern Team schuf er, nein, kein Theaterstück, keine Oper oder Operette, kein Kabarett oder Musical mit einer Handlung, sondern ein explodierendes Feuerwerk für die Bühne – seine Revue zum Abschied. „Barrie Kosky’s All-Singing, All-Dancing Yiddish Revue“ wurde eine Revue, die die Zuschauer mitnimmt in die 50er und frühen 60er Jahre Amerikas des letzten Jahrhunderts.
Jüdische Kultur in den Catskill Mountains
Nach dem 2.Weltkrieg entwickelte sich in den Catskill Mountains, nördlich von New York, eine spezielle jüdische Kultur, getragen von Lebensfreude, Sehnsucht und Optimismus in die Zukunft. Diese Gefühle sowie Spaß, Melancholie und Witz katapultieren die Zuschauer in Kosky’s Revue mit 21 bunten Shownummern in diese Zeit der jüdisch-amerikanische Kultur an der Ostküste. Die aufwändige Ausstattung von Kostümen, Maske und Bühnenbild verstärkt das Feeling der 50s and 60s. Eine durchaus bemerkenswerte Zeit an einem besonderen Ort, starteten doch damals in den Catskills u.a. Barbra Streisand, Sammy Davis Jr., Woody Allen, Jerry Lewis, Joan Rivers ihre Karrieren. Kosky präsentiert seine Revue durchweg in Jiddisch, als Reminiszenz an diese alte Sprache. Alle dargebotenen Texte erscheinen, nach Bedarf, übersetzt im Display der vorderen Reihe sogar in vier Sprachen: deutsch, englisch, französisch und türkisch.
Entertainment pur
Auf der Bühne geht es mit Stücken u.a. von Sholom Secunda, Abraham Einstein oder Solomon Shmulowitz mal laut und mal leise zu. Es wird gejazzt und geswingt, Rock‘n Roll getanzt, gescherzt und gelacht, jiddische Festmusik Klezmer gespielt und gefeiert. Es geht bunt, bewegt und stürmisch zu u.a. mit Mitzi Rubinstein, The Bagelman Sisters, Yossele Rosenblatt and his Flat Food Foozy Boys, The Freylakh Tripletts, Chuck Moskowitz, Max Hoppelsteiner, The Otto Pickle Dancers und The Barrie Kosky Sisters. Real hat Kosky (fast alle) seine Schauspieler:innen auf die Bühne geholt, die ihn in seinen 10 Jahren an der Komischen Oper begleiteten: u.a. Dagmar Manzel, Helmut Baumann, Katharine Mehrling, Max Hopp, Geschwister Pfister und Ruth Brauer-Kvam.
Wie viele andere Schauspiere:innen spielt auch Dagmar Manzel mehrere Rollen in Kosky’s Revue, A Mother, The Bagelmann Sisters und Elvis. Die Freude und der Spaß am Spiel des gesamten Teams überträgt sich auf das Publikum. Da es keine Story gibt, kann es sich unabhängig von jedem einzelnen Titel musikalisch tragen lassen, träumen oder mitwippen. Das Team spielt fast euphorisch für das Publikum. Durchweg unterhaltsam und mitreißend. Klassiker ertönen „Bei mir bistu shein“ oder „My Way“. Nach einer melancholischen Shownummer, die auch schon mal nachdenklich stimmt, läßt das darauffolgende – meist supersexy – Stück die Zuschauer hochfahren, spätetstens zum frenetischen Schluss Applaus.
In „My way“ heißt es: „And now, the end is near;
And so I face the final curtain….”
„Und jetzt, kurz vor dem Ende“… können wir aber sagen, es ist kein Abschied für immer von Barry Kosky. Er arbeitet weiter als Regisseur und künstlerischer Berater an der Komischen Oper. Welch große Freude.
Weitere Vorstellungen:
Barrie Kosky’s All-Singing, All-Dancing Yiddish Revue
Letzte Vorstellungen 6. und 10. Juli 2022
www.komische-oper-berlin.de