Klein, fein und China pur – das ‚Selig‘ in Berlin

Endlich ein Chinese, der den Begriff der Gastfreundschaft hochhält,der Langnasen, auch ohne chinesische Begleitung, wie normale Gäste behandelt und dabei authentische Küche präsentiert. Etwas Geduld ist erforderlich, weil das kleine Team nicht alles versteht und die Erfindung der Langsamkeit wohl zu den chinesischen Urtugenden zählt, siehe Konfuzius: „Der höhere Mensch hat Seelenruhe und Gelassenheit, der gewöhnliche ist stets voller Unruhe und Aufregung „. Eigentlich hieß das Chinarestaurant „Rote Laterne“, wegen des Sex Kinos auf der anderen Straßenseite besann man sich auf einen neuen Namen mit Anspruch. Selig, der Name hat mit Glück zu tun, erläutert der Besitzer und selig verlassen eigentlich alle, das kleine Lokal. Kein China Kitsch, klare Linien und Formen, ein großes, langes Aquarium mit putzmunteren Kois und ein riesiges Foto mit der Belegschaft der  Energieversorgungsgesellschaft von Shuangyuan.  Der Fotograf ist international bekannt: Zhang Hui. All das zeigt die Intention: Gradlinigkeit, Konzentration auf das Wesentliche, auf die Kunst der nordwestchinesischen Küche von Lanzhou. Die chinesische Millionenstadt ist, wenn überhaupt, durch drei Dinge bekannt. Erstens ist sie die Hauptstadt einer der ärmsten chinesischen Provinzen, zweitens hatte sie in den neunziger Jahren den zweifelhaften Ruf der Stadt mit der größten Luftverschmutzung der Welt, und drittens wegen der Lanzhou-Nudeln.  Die Küche dort ist  typisch bäuerlich, geprägt vom harten, trockenen Gebirgsklima. Es gibt Kartoffeln, Wintergemüse, Lammfleisch und Nudeln. Eigentlich der Ort, an dem die Nudel das Genießerlicht der Welt erblickt haben muss . Als vor einiger Zeit die Preise für die Nudelsuppe in Lanzhou um ein paar Cent erhöht wurden, gab es fast einen Volksaufstand. Im ‚Selig‘ erlebt der Gast ein Feuerwerk für die Geschmacksknospen: zunächst der Renner, die selbstgemachten Bandnudeln in einer kräftigen Brühe mit großen Rindfleischscheiben und Frühlingszwiebeln. Großzügige Sättigung für hungrige Mäuler. Aber auch das andere Angebot kann sich schmecken lassen: frischer Quallen Salat mit Chinakohl, kein Pamps oder glibberiger Matsch, sondern knackige Meeresfrische. Die gebackene Bauernente knuspert lecker vor sich hin, der „Traum der roten Kammer“ entpuppt sich als karamellisiertes Schweinefleisch mit Paprika, Erbsen, Nudeln oder Reis. Wer das chinesische Nationalgericht „Jiao-Zi“ auslässt, die mit Schweinefleisch und Chinakohl gefüllten Teigtaschen, versündigt sich an Lao-Tse. Das überwiegend jugendliche Publikum genießt und erlebt dazu Ungewöhnliches für ein China Restaurant: offene Weine von guter Qualität aus Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien und Übersee. Sechs Weiße und sechs Rote. „Little Chinatown“ in der Kantstraße hat einen selig machenden Favoriten.

Selig
Kantstraße 51
10625 Berlin (Charlottenburg)
Telefon: 31 01 72 47                                                                                                                                                                                         Keine Kreditkarten

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