Ankunft in der Klassikerstadt Weimar bei blauem Himmel. Frühling liegt in der Luft. Der Spaziergang vom Bahnhof in Richtung Zentrum führt vorbei am Neuen Museum Weimar. Groß kündigt sich hier die Neueröffnung des Museums an. Etwas rechts haltend stößt man regelrecht auf die Rückseite des eigentlichen Ziels der Reise, dem Bauhaus-Museum Weimar. Ein quadratisch anmutender Würfel mit dem feinen Schriftzug, Bauhaus-Museum Weimar. Noch wirkt er sehr kompakt, weniger einladend. Aber der Eingangsbereich auf der gegenüberliegenden Seite, von der Sonne umschmeichelt, von dem großzügigen Vorplatz und seitlich vom Grün des Weimarhallenparks eingerahmt, vermittelt ein helles, herzliches Willkommen.
Und das trotz der noch arbeitenden Baufahrzeuge ein Tag vor der eigentlichen Eröffnung am 5. April 2019. 136 Jahre nach der Geburt Walter Gropius und nach seiner „100 Jahre Gründung des Bauhauses“ feiert Weimar das Jubiläum mit der Eröffnung des neuen Bauhaus Museums. Die erste Eröffnung des neuen Bauhauses, Dessau und Berlin als weitere Bauhausstandorte werden folgen. „Das Bauhaus kommt aus Weimar“ lautet der Slogan. Und ja, bereits 1925, sechs Jahre nach Gründung, legte Walter Gropius eine Sammlung von 168 Werkstattarbeiten an, deren Objekte erst nach dem Krieg in den 50 er Jahren entpackt wurden. In einer u.a. gesonderten Vitrine im 3. OG sind sie dann auch zu sehen, zu denen die Wagenfeldlampe, die Teekanne von Marianne Brandt oder auch die bekannte Wiege von Peter Kegler gehören. Dieses Geschoss widmet sich auch den drei Bauhaus Direktoren Walter Gropius, Mies van der Rohe und Hannes Meyer. Insgesamt präsentiert das Bauhaus jetzt circa 1.000 Objekte, eine Auswahl von 13.000 Objekten des Bestandes der Bauhaus Sammlung der Klassik Stiftung Weimar.
Das neue Museum nur auf die Präsentation der Objekte des Bauhauses zu reduzieren, wäre falsch. Ja, es sind auch die Bauhausklassiker, die Teppiche von Gunter Stelzl oder Arbeiten von Paul Klee, Peter Keler, László Moholy-Nagy und Mies van der Rohe zu sehen, aber Inhalt und Form entsprechen hier dem Konzept dieses Museums. Durch die innenarchitektonische Ausrichtung lassen sich die thematischen Abschnitte der Ausstellung erschließen. „Der neue Mensch“ und „Die Schule als Experiment“ im 1. OG mit Exponaten von auch unbekannten Bauhausschüler*innen, im 2. OG die Themen „Der neue Alltag“ und „Die Bühne“. Der zu verbessernde Alltag in seiner Funktionalität wird hier in der Entwicklung der Frankfurter Küche dargestellt. Für den Bereich neue Bühne begeistern in Filmsequenzen die Figuren von Oscar Schlemmer für das „Triadische Ballett”. Die Ausstellungen vermittelt den Grundgedanken des Bauhauses, den Werkstattcharakter und den Umgang mit dem Handwerk.
Die Einheit von Museumsinnenarchitektur und seinen Inhalten machen den Museumsbesuch spannend. Nach dem Durchschreiten der eng anmutenden Treppen eröffnen sich auf allen Etagen überraschend doppelgeschossige Lufträume. Der Besucher hat während des Treppensteigens Zeit sich zu sammeln, zu reflektieren… „über wechselseitig verspringende Lufträume und Treppen in wieder-kehrender Abfolge bis er schließlich im obersten Geschoß angekommen den freien Blick über den Park erhält“, so Architektin Prof. Heike Hanada.
Auch die Spiegel-Installation mit den filigranen Netzen des Berliner Künstler Tomás Saraceno, die man bereits vom Eingangsbereich aus sah, lässt sich von hier oben genauer betrachten. Der Park ist ein steter Begleiter des Museums. Er geht mit dem Museum auch in der untersten Ebene eine funktionale Symbiose ein. Eine großzügige Terrasse verbindet die Museumslounge und das Museumscafe mit dem Park und lädt ebenfalls Parkbesucher in das Bauhaus ein, erklärt die Architektin das Konzept des erweiterten Innenraums des Museums.
Für Prof. Wolfgang Holler, Generaldirektor der Museen der Klassik Stiftung Weimar ist der Standort des neuen Bauhaus Museums ideal. Ein Schnittpunkt der Vergangenheit Weimars mit der Zukunft. Ein neues Stadtquartier, in deren Zentrum jetzt das Neue Museum, das viel diskutierte Gauforum und das Bauhaus Museum stehen. Eine Einheit, die gerade inhaltlich und zeitlich aufeinander aufbaut. Zur Eröffnung lädt das Neue Museum Weimar mit der Schau „Van de Velde, Nietzsche und die Moderne um 1900“, ein. Weniger ist bekannt, dass Architekt und Designer Van de Velde Walter Gropius Anfang des 20. Jahrunderts überredete, das Bauhaus überhaupt in Weimar zu eröffnen. Die Ausstellung im Neuen Museum spiegelt die Vorgeschichte des Bauhauses wider. Das Gauforum ist für Weimar mit ein Symbol für das Ende und das Danach des Bauhauses. Im Prozess einer laufenden konstruktiven Auseinandersetzung mit seiner Geschichte in diesem neuen Quartier erhält die Stadt Weimar ein zusätzliches Profil zur Klassikerstadt, die Stadt der Moderne. Die Neuausrichtung Weimars bedeutet ein Quantensprung und in der Symbiose mit dem Weimar vor dem 20. Jahrhundert erlangt die Stadt auf lange Zeit eine neue nationale und internationale Aufmerksamkeit. „Ältestes bewahrt mit Treue, freundlich aufgefasstes Neue“, wird an einem Hausportal in der Altstadt Weimar der Altmeister Goethe zitiert. Fotos: © gabs