2021 – 60 Jahre Mauerbau. Der 9. November ist nicht weit. Ein neuer Jahrestag des Mauerfalls. 32 Jahre liegt das Jahr 1989 zurück. Wendezeit, die so viel Veränderungen weltweit bewirkte. Kristina Spohr betrachtet in ihrem gleichnamigen Buch die Vergangenheit und zeigt gleichfalls daraus resultierende Ergebnisse auf. Betrachten ist zu milde ausgedrückt, sie stellt dar, entwickelt, begründet, charakterisiert und analysiert die geschichtlichen Ereignisse akribisch und detailliert. Und sie kann die historischen Zusammenhänge aufbereiten. Grundlagen erwarb sie als Studentin an der University of East Anglia, am Sciences Po in Paris und der University of Cambridgeals, Praxiserfahrungen als Senior Research Fellow im Büro des NATO-Generalsekretärs im Hauptquartier in Brüssel. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die internationalen Beziehungen und besonders die Geschichte Deutschlands im globalen Kontext seit 1945.
Wendezeit
Das Buch fordert heraus, sich zu erinnern, zu reflektieren. Wer die Zeit nicht erlebt hat, für den ist es komprimierte Weltgeschichte. Nicht nur der Nach-Mauerfall in Deutschland wird von der Autorin thematisiert. Auch das „Vorspiel“: sowjetische Glasnost und Perestroika, Demonstranten und chinesische Soldaten auf dem Platz des Himmlischen Friedens, Polens Solidarność, Ungarns Grenzöffnung und am 9.11.1989 der Fall der Mauer.
Das Ende des Eisernen Vorhanges, das Danach des Kalten Krieges stellt Kristina Spohr mit seinen daraus resultierenden Folgen international dar. Für den Warschauer Pakt und die NATO, für Russland, die USA und China. Es geht ihr um „Die Neuordnung der Welt nach 1989″ und den Machern: Michael Gorbatschow und Helmut Kohl, George Bush und François Mitterrand. Sie „begleitet“ fast die Staatsoberhäupter durch die Wirren der Wende. Schon fast persönlich. Auch dafür hat sie tausende Originaldokumente gesichtet und studiert, die zum Teil bisher unveröffentlicht blieben. Dafür ist sie quer durch die Welt gereist. Die Rolle Bushs und Chinas erhält damals eine besondere Bedeutung ohne vorherzusehen, zu welcher Großmacht sich China 30 Jahre danach entwickelt hat.
„Pazifisches Jahrhundert“
Überhaupt legt Kristina Spohr offen, welche Weichen in den Jahren 1989 -1992 gestellt wurden. Weichen, die die neuen Entwicklungsrichtungen vorgaben, bis heute. Auch für die internationalen Organisationen. Das ist die nachhaltige Wirkung. Die Ursache für die Wendezeit wird deutlich, war eine friedliche Revolution in einer dafür reifen Zeit mit entsprechenden Rahmenbedingungen von einfachen Bürgern ausgehend.
Fast 1000 Seiten mit zahlreichen Abbildungen – mitreißend und fesselnd. Das beschreibt das Buch treffend. Hoffentlich für alle Generationen.
Das Buch „Wendezeit: Die Neuordnung der Welt nach 1989“, erhielt 2020 von der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft (DGfP) und der Stiftung Wissenschaft und Demokratie (SWuD) den Preis „Das politikwissenschaftliche Buch“.
Kristina Spohr ist erste Inhaberin der Helmut-Schmidt-Ehrenprofessur am Henry A. Kissinger Center for Global Affairs. Sie publiziert in Zeitschriften zu aktuellen Themen der Weltpolitik und ist Autorin und Herausgeberin mehrerer Bücher; auf Deutsch ist von ihr das vielbeachtete Buch »Der Weltkanzler« (2016) über die Außenpolitik Helmut Schmidts erschienen.
Kristina Spohr
Wendezeit
Die Neuordnung der Welt nach 1989
Verlag DVA 2021
Aus dem Englischen von Norbert Juraschitz, Helmut Dierlamm
Hardcover, 976 Seiten mit Abbildungen
Originalverlag: Harper Collins
ISBN: 978 3 421 04835 6
erscheint am 27.September 2021
Artikelfoto: Reste des Berliner Mauer 1990, © gab